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Sexualität im Heim

Ein heikles Tabuthema und daher genau das Richtige für EXTREMEFUN.CH 

Früher hat man wenig über Sexualität gesprochen, wobei man in der  Gegenwart nahezu täglich mit irgendwelchen sexuellen Anspielungen konfrontiert  wird. Schon alleine die Medienwelt und das Internet beeinflusst das spätere  Sexualverhalten der Kinder/ Jugendlichen. Man müsste denken, dass durch den  offeneren Umgang mit der Sexualität die Aufklärung gewährleistet wird. Leider  stimmt das so nicht, vor allem in Kinder-/ Jugendheimen mangelt es an  Sexualkunde (so behaupte ich, der seine Kindheit in Heimen durchlebte).  Natürlich gibt es in einer Erziehungseinrichtung jegliche Art Konfrontationen  mit sexuellen Handlungen einzelner und man muss hier seiner Verantwortung als  Erzieher, Pädagoge oder Lehrer nachkommen und gewisse Dinge unterbinden. 

Nun, ich habe es folgendermassen erfahren:

In einem Alter wo man  sich für das andere Geschlecht oder sein eigenes langsam zu interessieren  beginnt, hat man es schwer auf dem rechten Weg zu gehen. Die vielen Verbote in  einer Erziehungseinrichtung machen es nahezu unmöglich Erfahrungen zu sammeln.  Man muss diese Anregungen zu unterdrücken versuchen. Auch Fragen an Erwachsene,  die einem kaum vertraut sind, würde man nicht ohne weiteres stellen. So viel  fern von zuhause, dann noch in den meisten Fällen gemeinsame Probleme mit  den  Eltern oder einem Elternteil, da möchte man sie nicht noch mit einem ev.  peinlichen Problem konfrontieren.

 

Oft werden Mädchen und Jungs getrennt,  man darf meistens die Tür nicht schliessen, wenn zwei Geschlechter in einem  Zimmer sind. Man ist komplett überwacht, um jede Berührung ja zu vermeiden.  Jedes unerlaubte „Knutschen“ wird bestraft und wie aus eigener Erfahrung nicht  miteinander besprochen, wo doch die Notwendigkeit zur Aufklärung dringend wäre. 

Im üblichen Heimalltag sehe ich eine starke Gefahr ein falsche Bild der  Sexualität zu erhalten. Selber habe ich erlebt wie Jungs gegenseitig sexuelle  Experimente ausprobierten und wie Kinder und Jugendliche via Medienwelten  aufgeklärt werden,  wie man im Bravo (Dr. Sommer) nach Antworten suchte, da ein  Anspechspartner fehlte und wie man in heutzutage leicht zugänglichen  pornografischen Zeitschriften oder Filmen das Sexuallleben der Erwachsenen  studiert, da man im Internet innerhalb von 3 Sekunden auf Pornoseiten aller Art  ungeschützt zugreifen kann. Man kann sich vorstellen, dass Kinder und  Jugendliche mit pornografischen Darstellungen ein völlig falsches Bild von  Sexualität und Liebe entwickeln. Es gibt viele Betroffene, die schon das Leben  lang die Erfahrungen von Liebe in  der Sexualität suchen und nicht finden,  viele, die später Liebe im Unterbewusstsein mit Sex verbinden.

Stellen  Sie sich vor Sie sind 12 Jahre alt, Ihre ersten sexuellen Erfahrungen sind zum  Beispiel aus einem Fetish Heft, wo sich Leute auspeitschen und miteinander  Fäkalien austauschen. Hier sehen Sie sicher die Tragik und sind damit  einverstanden, dass ein aufgeklärtes Kind davon absehen kann oder jemanden mit  Fragen bombadieren würde (Normalität von anderem unterscheiden). Stellen Sie  sich vor, Sie werden einfach nur bestraft, weil Sie sich dieses Heft angesehen  haben. Würden Sie noch Fragen stellen? Ja sich selbst, und wer weiss, vielleicht  steht die Antwort im nächsten Bravoheft? Ist Sex so brutal und eklig?

Ist  vielleicht„Dökterlä Spielä“ = Antworten suchen?

Schützen und ermutigen

Am besten werden unsere Kinder  geschützt, wenn sie in der Geborgenheit ihrer familiären Umgebung auf die  Veränderungen und Entwicklungen vorbereitet werden, die während ihrer Reifung  stattfinden. Dies soll nicht in speziellen Aufklärungssitzungen geschehen,  sondern dann, wenn vom Kind her Fragen in dieser Richtung auftauchen oder wenn   ein äusserer Anlass Gelegenheit gibt, vertiefter mit dem Kind zu sprechen. 

Im Grunde genommen kann das Gespräch über den eigenen Körper und die  Sexualität nicht früh genug beginnen, da die Kinder sonst von ihrem Umfeld  informiert und „aufgeklärt“ werden. Wo sie schon aus geborgener Quelle  informiert sind, sind sie geschützter. Es ist wichtig, dass sie ihre Antworten  in diesem Bereich ebenso natürlich, offen und selbstverständlich und ohne  moralische Wertung bekommen wie in allen übrigen Bereichen. Weiss der Erwachsene  etwas nicht, steht er dazu und informiert sich bei nächster Gelegenheit. 

Weshalb holen sich viele Jugendliche ihre Informationen bei Dr. Sommer  im Bravo? Wohl deshalb, weil sie im Umfeld niemanden finden, der ihnen ebenso  direkt und konkret auf das antwortet, was sie im Moment beschäftigt. Eltern  könnten es jedoch in angemessener und einfacher Sprache und auf dem Hintergrund  verantworteter Werte und eines gelebten Vorbilds tun, wenn sie transparent sind. 

Im Umgang der Eltern miteinander soll der Jugendliche erfahren können,  wie achtsam und wie zärtlich sie sind, aber auch, dass Sexualität ein positiver,  kreativer und wünschenswerter Teil des Lebens ist. Stets sind im Umgang mit  Kindern und Jugendlichen ihre Grenzen, die natürlich sich entwickelnde Scham, zu  respektieren. Eltern sollen aber auch mögliche negative Folgen von Sexualität  wie AIDS, unerwünschte Schwangerschaft und sexuellen Missbrauch thematisieren. 

Wenn Jugendliche sich dann zu jungen Männern und Frauen entwickeln,  brauchen sie viel Anerkennung und Bestätigung, um über ihre vorübergehenden  Unsicherheiten hinwegzukommen: „Du bist gut und wertvoll, wie du bist!“ 

Ein offenes Haus, wo Freunde und Freundinnen ganz normal zu Spaghetti  oder Dessert willkommen sind, hilft dazu, dass auch beginnende  gegengeschlechtliche Kontakte natürlich sind und sich nicht im Verborgenen  abspielen müssen. In diesen ersten Annäherungen sollen Jugendliche Freiraum,  Zustimmung und Ermutigung erfahren.

Dann wird auch eher das Gespräch  über sinnvolle Grenzen und das Ausmachen sorgfältiger Vereinbarungen möglich. Wo  Eltern in dieser Situation eigene Angst spüren, sollten sie das Gespräch mit  Vertrauenspersonen oder anderen Eltern suchen, um wieder freier und  unverkrampfter zu werden. Wir Eltern sitzen alle im selben Boot, wir wissen es  oft nur nicht voneinander! Das entschärft manche Situation und bewahrt uns  davor, misstrauisch überwachend zu werden statt wohlwollend ermutigend. 

Gerade wenn wir die Überzeugung weitergeben, dass „wahre Liebe wartet“,  sollten wir auch die Ehrlichkeit haben, mit jungen Erwachsenen darüber zu  sprechen, dass die Hochzeitsnacht nicht die Erfüllung aller Wünsche ist, sondern  dass Liebe ein lebenslanger Lernprozess ist, mit Erfolgen und Enttäuschungen,  der sich jedoch lohnt.