Nachforschungen von EXTREMEFUN.CH "Heimkinder und kinderheime"
Im folgenden Bericht präsentiere ich Ihnen die Ergebnisse und Interpretationen, die sich in den fast 2 Jahren aus Umfragen, Hinterfragungen und Nachforschungen zum Thema „Heimkinder und Kinderheime“ ergeben haben.
Das „Projekt 2007“ wurde von EXTREMEFUN.CH unter der Leitung von Thomas Frick mit Sorgfalt behandelt. Es war eine grosse Aufgabe, die wir uns hier gestellt hatten. Das Thema „Heimkinder und Kinderheime“ wird noch heute trotz (oder wegen) erschreckend bescheidener Erfolgsquote mit aller Gewalt tabuisiert. Die ganz grossen Verlierer sind dabei ausgerechnet die schwächsten unserer Gesellschaft, die Anspruch auf den „besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und Förderung ihrer Entwicklung“ (Art. 11 BV) hätten. Natürlich ist es eine schwierige Aufgabe so viele offene Fragen beantworten zu können, es ist auch schwierig ganz genaue Angaben zu präsentieren und wir möchten Sie in Kenntnis setzen, dass auch kleinere Abweichung vorkommen können. Sie dürfen diese Angaben gerne mit Skepsis lesen oder in unseren Foren ausdiskutieren. Es sollte ein Anfang sein um zu zeigen, wie gross die Betroffenheit in der Schweiz ist. Täglich werden wir mit Fragen konfrontiert, auf die wohl keiner eine Antwort weiss. Dies soll der Start zur Antwortsuche sein.
Am Montag den 25.7.2005 wurden Fragebögen an alle Kinderheime, Jugendheime, Internate und Wohnschulen geschickt. Das war unser Startschuss für das Projekt 2007.
(Den Fragebogen können Sie im Anhang einsehen).
Die hier aufgelisteten Resultate stammen aus ca. 30% Rückantworten aller Jugendheime, Kinderheime und sonstige Plätzen. Ca. 13% wurden sofort und von alleine beantwortet, ca. 17% stammen aus Antworten nach telefonischer Nachfrage, ca. 60% wurden trotz des Rücksendekuverts nicht beantwortet und ca. 10% fehlen aus anderen Gründen.
Eine weitere Schwierigkeit war, an anonyme Antworten heranzukommen. Trotzdem haben wir es geschafft diese Studie zu erstellen.
Resultate von Fragebogen für Projekt 2007:
1) Welche Altersgruppen von Mädchen und Jungs sind zur Zeit in einer Einrichtung?
Alter | Mädchen | Jungs | Alter | Mädchen | Jungs |
Unter 3 | 0.9% | 12 Jährig | 1.4% | 6.3% | |
3 Jährig | 1.2% | 1.7% | 13 Jährig | 2.7% | 9.2% |
4 Jährig | 0.4% | 0.4% | 14 Jährig | 2.7% | 11.2% |
5 Jährig | 1.2% | 3.1% | 15 Jährig | 2.2% | 14.6% |
6 Jährig | 0.2% | 0.7% | 16 Jährig | 1.9% | 9.2% |
7 Jährig | 0.2% | 0.2% | 17 Jährig | 0.4% | 6.3% |
8 Jährig | 0.0% | 2.2% | 18 jährig | 0.0% | 2.6% |
9 jährig | 1.2% | 2.9% | 19 Jährig | 0.0% | 1.4% |
10 Jährig | 0.9% | 3.9% | 20 Jährig | 0.0% | 0.0% |
11 Jährig | 0.4% | 4.8% |
Gesamt Total:
Mädchen in Heimen
18,8%< (zunehmend)
und Jungs in Heimen
81,2%
2) Wie viele Kinder sind Ausländer?
a) Unter 10 %
22% (Hier steht wieviele diese Antwort angekreuzt haben)
b) Zwischen 10 % und 30 %
50% (Hier steht wieviele diese Antwort angekreuzt haben)
c) Zwischen 30 % und 50 %
28% (Hier steht wieviele diese Antwort angekreuzt haben)
d) Über 50 %
00% (Hier steht wieviele diese Antwort angekreuzt haben)
3) Wie lange dauert durchschnittlich der Heimaufenthalt eines Kindes?
a) weniger als ein Jahr.
14% (Hier steht wieviele diese Antwort angekreuzt haben)
b) Bis zu drei Jahren.
50% (Hier steht wieviele diese Antwort angekreuzt haben)
c) Bis zu fünf Jahren.
28% (Hier steht wieviele diese Antwort angekreuzt haben)
d) Über fünf Jahren.
00% (Hier steht wieviele diese Antwort angekreuzt haben)
4) Von den Kindern und Jugendlichen am Ende ihres Aufenthaltes
a) werden 20% als volljährig in die Selbständigkeit entlassen,
b) werden 22% in andere Heime verlegt,
c) gehen 50% zurück zur Familie.
d) verlassen 6% das Heim aus anderen Gründen.
5) Die meisten Kinderheime stehen in den Kantonen
Bern, Zürich, Solothurn, Aargau und Luzern
6) Aus welchen Gründen sind die Kinder ursprünglich ins Heim eingewiesen worden?
Oft / gelegentlich / selten / nie
Misshandlung durch den/die Erziehungsberechtigten: 0% 4% 10% 3%
Verlust der/des Erziehungsberechtigten 0% 4% 12% 4%
Verfügung einer Gerichtsinstanz 4% 4% 8% 6%
Verfügung einer Vormundschaftsbehörde 10% 6% 4% 2%
schulische Schwierigkeiten 4% 0% 0% 0%
soziales Verhalten 4% 0% 0% 0%
sexuelle Übergriffe 0% 2% 0% 0%
ADS 0% 2% 0% 0%
7) christliche Einrichtung
Ja 30% Nein 70%
8) Meist gewähltes pädagogisches Leitbild ist:
Schulische wie auch handwerkliche Förderung. Zunehmend Erlebnispädagogik.
(Viele verstanden die Frage nicht)
9) Hat die Nachfrage in letzter Zeit eher zugenommen oder abgenommen?
zugenommen 85% abgenommen 15%
10) Haben die schulischen Leistungen in den letzten Jahren eher zugenommen oder abgenommen?
zugenommen 20%
abgenommen 80% Bemerkung: Vermehrt verweigern Kinder die Schule.
11) Heime mit einer hauseigene Schule?
Ja 80% Nein 20%
12) Was wird besonders gefördert?
a) handwerkliches Geschick? 11%
b) Sport, Erlebnispädagogik? 28%
c) schulische Fähigkeiten? 28%
d) Musikkreativität? 05%
e) Sozialkompetenzen? 22%
f) Naturnähe? 05%
g) andere 01%
Abschlussbericht Projekt 2007:
Wir sehen deutlich, dass die Probleme in den Familien und den Schulen zunehmen. Dazu kommt eine in der Schweiz immer höher werdende Scheidungsrate, eine zunehmende Gewaltbereitschaft von Jugendlichen und immer mehr sexuelle Übergriffe.
Der Drogenkonsum von Jugendlichen im Entwicklungsalter wird immer mehr zum Problem.
Wir sind ganz klar der Meinung, dass hier die Probleme oftmals unterschätzt werden und bis zur Eskalation sehr wenig präventiv gearbeitet wird. Auch werden die Probleme meistens nur beim Kind oder beim Jugendlichen gesucht anstatt in der Gesellschaft, der Familie, bei den Freunden, dem Lehrer oder auf dem Schulhofplatz. Zuviel Kraft und Geld wird in Ämter und Heime investiert, anstatt das Problem vor Ort zu lösen.
Wichtig für die Zukunft sind:
Direkte und gute Familienhilfe zur gemeinsamen Problembekämpfung Die Thematik Gewalt in der Schule zu diskutieren und klare Grenzen setzen Aufklärung von Eltern und Schulen zur Sexualität und auch hier über Grenzen und Probleme sprechen Arbeit zum Thema „Drogen“ sollte an Schulen und im Elternhaus Pflicht seinBewegung und Ernährung. Sie sind Grundlagen für die Entwicklung eines Kindes. Damit sich ein dauerhafter Erfolg einstellt, muss das Interesse des Kindes daran geweckt werden. Nur wenn ein Kind den Sinn und die Zusammenhänge erkennt, kann es zu aktiver Mitarbeit motiviert werden.
Wenn man diesen Aspekten mehr Beachtung schenken würde, könnte man sicher auch unnötige Fremdplazierungen vermeiden.
Wichtig für die Zukunft für Fremdplatzierte:
Hier stehen ganz klar die Kinderrechte der Betroffenen im Vordergrund. Der Fremdplatzierte wird zuwenig in Besprechungen und Lösungsuche einbezogen, das Mitbestimmungsrecht, das jedes Kind ab einem gewissen Alter haben sollte, fehlt meistens.
Auch werden Fremdplatzierte (oft einfach als Täter eingestuft) oft nicht genug ernst genommen, angehört oder um ihre Ansichten gefragt. Viele fühlen sich eher im Stich gelassen anstatt dass ihnen geholfen wird. Bezugspersonen sind meistens Leute von Ämtern, Sozialpädagogen, Lehrer oder Erzieher, was für manche Kinder oftmals ein Vertrauensproblem darstellt. Fremdplatzierte fühlen sich oftmals von der Gesellschaft ausgeschlossen, was ihnen die spätere Integration erschwert. Nur sehr selten kennen Fremdplatzierte eine unabhängige Anlaufstelle, wo sie Hilfe und Beratung für ihre Probleme erhalten und wo sie sich über Unfaires oder für interne Schwierigkeiten, die bis zu Straftaten gehen können, beklagen können. Die meisten behaupten, ihnen würde sowieso keiner glauben, was leider meist der Wahrheit entspricht. Viele fühlen sich vom Staat bevormundet und rechtlos.
Daraus resultiert folgende Forderung:
Familienhilfe/Familienunterstützung. Es gilt für ein gutes Umfeld zu sorgen, sodass eine Rückkehr nach Hause möglich wird. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn ein Kind wegen den Problemen im Elternhaus fremdplatziert wurde. Kinder/ Jugendliche müssen klar über die Situation aufgeklärt und in den Lösungsprozess miteinbezogen werden. Ein Fremdplatzierter braucht eine Bezugsperson, die auch vom Betroffenen akzeptiert wird. Fremdplazierte brauchen eine Anlaufstelle. Betreuer haben dafür zu sorgen, dass alle solche kennen.Die Integration in die Gesellschaft muss gefördert werden, um so den Start ins Berufsleben zu erleichtern. Heime, Pflegefamilien und ähnlichen Einrichtungen müssen einen Qualitätsstandart erfüllen der periodisch durch fachlich ausgebildetes, unabhängiges Personal überprüft wird, das zum Wohl der Kinder arbeitet. Leider ist es so, dass diese Experten häufig nicht das Wohl der Kinder als erste Priorität erachten.
Zu oft werden Kinder oder Jugendliche fremdplatziert.
Ämter haben immer weniger Zeit für eine genaue Analyse. Eine Fremdplatzierung entlastet einen Beistand / eine Beiständin meist von der ungeheuren Verantwortung und gilt zu oft als richtiger Entscheid. Die Einweisung in ein Heim scheint immer einem regelmässigen Ablauf zu folgen, andere Lösungen scheinen zu riskant oder zu unbekannt zu sein .Es gibt nur selten einen Beistand oder eine Beiständin, die so eine Verantwortung wagt. Es scheint als wenn jahrelange Erfahrung und eine gute Ausbildung immer wichtiger sind als dass ein Kind bei jemandem aufwachsen kann, wo das Wort „Familie“ zutrifft, wo Menschlichkeiten, Liebe, Geborgenheit und Erziehung im Sinne von Führen und Begleiten gelebt wird.
Medikamente können im Akutfall beruhigen. Ein Sozialpädagoge, ein Therapeut kann wohl Hilfe bieten, ein „warmes“ Zuhause kann er aber nicht ersetzen. Ein Kind braucht immer noch, was es schon seit je her brauchte und leider heutzutage immer weniger bekommt.
Abschlusswort:
Es wird immer mehr über Fremdplatzierungen gesprochen, wenn auch immer noch viel zu wenig. Man scheint sich, was Probleme einer Fremdplatzierung angehen, einig zu sein. Nun wird zwar mehr darüber geredet aber immer noch nichts getan. Die Politik scheint diesbezüglich noch taub zu sein. Kinder und Jugendliche, die von ihrem Schicksal zu erzählen hätten, finden zu oft nur in ihren eigenen Reihen Gehör.
Sozialpädagogen, Erzieher, Mitarbeiter von Jugendämtern, Familienrichter und Politiker müssten lernen zuzuhören, um vielleicht eines Tages so viel Einblick in die Hintergründe zu erhalten, dass sie die Problematik vertiefter verstehen. Dies wäre die nötige Voraussetzung, dass sich wirklich mal etwas zum Positiven verändert.!
Eine Studie von EXTREMEFUN.CH